Steuerberater online: Postalische Adresse des leistenden Unternehmers reicht möglicherweise aus
Wie der Bundesfinanzhof kürzlich in zwei ähnlich gelagerten Fällen urteilte, könnte es für den Vorsteuerabzug ausreichend sein, wenn der leistende Unternehmer in der Rechnung eine Adresse angibt, unter der er nur postalisch erreichbar ist. Aufgrund der rechtlichen Unsicherheit und widersprüchlicher Urteile der Vorinstanzen wird der Bundesfinanzhof die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorlegen.
Welche Angaben muss eine Rechnung für den Vorsteuerabzug enthalten?
Um vom Finanzamt für den Vorsteuerabzug anerkannt zu werden, muss eine Rechnung grundsätzlich folgende Angaben enthalten:
- Name und Anschrift des leistenden Unternehmers sowie des Leistungsempfängers,
- Termin der Lieferung oder Leistung,
- Menge und Bezeichnung der gelieferten Produkte bzw. Art und Umfang der Dienstleistung,
- die ggf. nach Steuersätzen aufgeschlüsselten Nettobeträge und die jeweils darauf entfallenden Steuerbeträge,
- das Ausstellungsdatum,
- eine einmalig vergebene Rechnungsnummer sowie
- die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers.
Welche Adresse muss eine Rechnung enthalten?
Sowohl die europäische Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie als auch das deutsche Umsatzsteuergesetz verlangen für den Vorsteuerabzug, dass die ausgestellte Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers enthalten muss. Strittig ist jedoch, ob die von einem Unternehmer geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen auch dann abziehbar sind, wenn der Liefernde unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift lediglich eine Postadresse unterhält, d.h. dort nur postalisch zu erreichen ist, oder ob die Angabe derjenigen Anschrift des leistenden Unternehmers zum Vorsteuerabzug nötig ist, unter der der leistende Unternehmer tatsächlich seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet.
Die verhandelten Fälle des Bundesfinanzhofes
In beiden dem Bundesfinanzhof vorgelegten Fällen ging es um Kfz-Händler, die gebrauchte Fahrzeuge von Firmen erwarben, die lediglich einen Onlinehandel unterhielten und unter den in ihren Rechnungen angegebenen Adressen keine Betriebsstätte innehatten. Das jeweilige Finanzamt versagte daraufhin den Vorsteuerabzug der Kfz-Händler. Hiergegen klagten die Kfz-Händler vor dem Finanzgericht. In einem Fall urteilte das Finanzgericht zugunsten des Kfz-Händlers, weil die Angabe der Anschrift nicht erfordere, dass dort geschäftliche Aktivitäten stattfänden. Außerdem sei dem Kläger bereits aus Billigkeitsgründen der Vorsteuerabzug zu gewähren, denn er habe alles ihm zumutbare getan, um die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen. Im anderen Fall urteilte das Finanzgericht zuungunsten des Klägers, weil unter der in den Rechnungen angegebenen Adresse keine geschäftlichen Aktivitäten stattgefunden hätten, sondern die betreffende Firma andere Räumlichkeiten angemietet hatte.
Entscheidung des Bundesfinanzhofes
Der Bundesfinanzhof setzte das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof die aufgeworfenen Fragen zur Vorabentscheidung vor:
- Ist der Wortlaut der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie dahingehend zu verstehen, dass die Angabe einer Adresse, unter der der leistende Unternehmer tatsächlich wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet, notwendig für den Vorsteuerabzug ist? Oder ist eine Briefkastenadresse ausreichend?
- Ist der Vorsteuerabzug auch dann zu gewähren, wenn die formellen Anforderungen an die Rechnungsangaben nicht erfüllt sind, wenn der Steuerpflichtige die tatsächlichen Verhältnisse nicht kannte, oder setzt der Vertrauensschutzgrundsatz voraus, dass der Steuerpflichtige alles getan hat, um die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen?