Steuerberater online: Finanzgericht lehnt Zusammenveranlagung nichtehelicher Lebensgemeinschaft ab
Wie das Finanzgericht Münster kürzlich urteilte, ist der Splittingtarif nicht auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anzuwenden, auch wenn diese gemeinsame Kinder betreuen und sowohl wirtschaftlich als auch sozial füreinander einstehen.
Was ist Zusammenveranlagung?
Das Einkommensteuergesetz sieht grundsätzlich das Individualprinzip vor, d.h. die Steuergesetze werden auf jeden Steuerpflichtigen gesondert angewendet. Bei Ehegatten ist eine Einzelveranlagung jedoch nicht möglich, wenn beide Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig sind und die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. In diesen Fällen haben die Eheleute mehrere Optionen, zur Einkommensteuer veranlagt zu werden; eine davon ist die Zusammenveranlagung mit dem sogenannten Ehegattensplitting.
Was ist das Ehegattensplitting?
Diese Form der Ehegattenveranlagung ist die häufigste. Sie findet automatisch Anwendung, sofern sich die Ehegatten nicht zur Form der Veranlagung äußern. Bei der Zusammenveranlagung werden die Einkünfte der Ehegatten zunächst wie bei der Einzelveranlagung getrennt ermittelt. Die Summen der Einkünfte beider Ehegatten werden anschließend zusammengerechnet und die Ehegatten werden für die weitere Ermittlung des zu versteuernden Einkommens gemeinsam als ein Steuerpflichtiger betrachtet. Bei der Anwendung des Splittingverfahrens wird das addierte zu versteuernde Einkommen der Ehegatten halbiert. Auf diesen Betrag wird die Steuerbelastung ermittelt, welche anschließend verdoppelt wird. Auf diese Weise wird fingiert, dass beide jeweils die Hälfte des addierten zu versteuernden Einkommens erzielt hätten. Das Splittingverfahren stellt aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs häufig die günstigste Lösung für Ehegatten dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Einkommen der beiden Partner in der Höhe stark voneinander unterscheiden. Für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gelten die Regelungen des Einkommensteuergesetzes zum Ehegattensplitting analog.
Wann kann das Ehegattensplitting bei Unverheirateten angewandt werden?
Das Einkommensteuergesetz sieht nur zwei Fälle vor, in denen das Ehegattensplitting auch bei Unverheirateten Anwendung finden kann. Zum einen existiert das sogenannte Gnadensplitting: Bei verwitweten Steuerpflichtigen, bei denen zum Todeszeitpunkt des Ehegatten die Voraussetzungen für die Ehegattenbesteuerung erfüllt waren und die inzwischen nicht wieder geheiratet haben, wird im Kalenderjahr nach dem Tod des Ehegatten das Splittingverfahren angewandt. Ebenso unterliegt ein Geschiedener im Jahr der Scheidung dem Splittingverfahren, wenn im Kalenderjahr der Scheidung die Voraussetzungen für die Ehegattenbesteuerung erfüllt waren, der bisherige Ehegatte wieder geheiratet hat und mit seinem neuen Ehegatten ebenfalls die Voraussetzungen für die Ehegattenbesteuerung erfüllt.
Der aktuelle Fall des Finanzgerichtes Münster
In einem kürzlich vor dem Finanzgericht Münster entschiedenen Fall klagte ein nicht verheiratetes Paar dagegen, nicht gemeinsam nach dem Splittingtarif veranlagt zu werden. Das Paar lebte mit seinen drei gemeinsamen Kindern in einem Haushalt. Der Vater erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung, die Mutter betrieb ein Unternehmen. Die Kläger beantragten nach erfolgter Einzelveranlagung die Zusammenveranlagung und die Anwendung des Splittingtarifs. Ihren Antrag begründeten sie damit, dass laut dem Sozialrecht der Begriff „Lebenspartner“ dahingehend definiert wird, dass zwei oder mehrere Personen einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt haben und sozial und wirtschaftlich füreinander einstehen. Demnach seien auch sie Lebenspartner im Sinne des Einkommensteuergesetzes und der Splittingtarif auf ihre Einkünfte anzuwenden. Dies lehnte das Finanzamt ab.
Die Entscheidung des Finanzgerichtes Münster
Das Finanzgericht Münster folgte der Entscheidung des Finanzamtes, da die Kläger nicht die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung erfüllen. Die Legaldefinition des Begriffs „Lebenspartner“ im Lebenspartnerschaftsgesetz fordert zwei Personen des gleichen Geschlechts, die vor dem Standesamt eine Erklärung zur Begründung einer Partnerschaft auf Lebenszeit abgeben. Anknüpfungspunkt für den einkommensteuerlichen Splittingtarif ist daher die rechtlich gebundene, institutionalisierte Form des Zusammenlebens bei Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnern. Im Unterschied zu diesen handelt es sich bei dem klagenden Paar nicht um eine rechtliche Gemeinschaft. Hierdurch wird die Ungleichbehandlung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften gegenüber Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften gerechtfertigt.