Steuerberater online: Die europäische Finanztransaktionssteuer
Publiziert am 10.03.2014
von Christian Wieland
Ausgestaltung, Zielsetzung und Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer
Ausgestaltung, Zielsetzung und Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer
Am 14. Februar 2013 veröffentlichte die Europäische Kommission die endgültige Version ihres „Vorschlages für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer“. Diese Finanztransaktionssteuer wird wie eine Umsatzsteuer auf den Kauf oder Verkauf von Aktien, Anleihen, Zinspapieren, Finanz- und Rohstoffderivaten erhoben.
Hintergrund und Zielsetzung der Richtlinie
Das Ausgangsszenario in der EU war von einer Vielzahl unterschiedlicher nationaler Steuersysteme geprägt, die Raum zur Steuerumgehung boten und nur geringe Einnahmen erzielten. Der aktuelle Vorschlag sieht daher die Option einer Finanztransaktionssteuer auf Ebene von elf EU-Staaten durch eine verstärkte Zusammenarbeit vor.
Die Ziele des aktuellen Vorschlags entsprechen jenen seines Vorgängers: Die unkoordinierten steuerlichen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten sollen koordiniert werden, um Wettbewerbsverzerrungen sowie Doppel- oder Nichtbesteuerung zu verhindern. Ferner soll sichergestellt werden, dass für den Finanzsektor die gleichen steuerlichen Bedingungen herrschen wie für andere Sektoren und dass Finanzinstitute einen angemessenen Beitrag zu den Kosten der Finanzkrise leisten. Schließlich soll die koordinierte Steuerpolitik dazu beitragen, Transaktionen, die der Effizienz der Finanzmärkte abträglich sind, zu reduzieren und regulatorische Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Krisen ergänzen.
Inhalt der Richtlinie
Die Finanztransaktionssteuer soll auf alle Finanztransaktionen erhoben werden, die von Finanzinstituten durchgeführt werden, die für eigene oder fremde Rechnung und in eigenem oder fremdem Namen handeln und bei denen mindestens eine an der Transaktion beteiligte Partei im Hoheitsgebiet eines teilnehmenden Mitgliedstaates ansässig ist. Der Begriff „Finanzinstitute“ schließt Unternehmen ein, deren Finanztransaktionen einen Schwellenwert von 50 % des durchschnittlichen Netto-Jahresumsatzes erreichen. Das Ansässigkeitsprinzip wird um das Ausgabeprinzip ergänzt, welches in Kraft tritt, wenn keine der Parteien in einem teilnehmenden Mitgliedstaat ansässig ist, die Parteien aber mit einem in einem Mitgliedstaat ausgegebenen Finanzinstrument handeln. Dabei wird die Transaktion mit dem Mitgliedstaat verknüpft und die beteiligten Parteien gelten als in diesem Staat ansässig. Die Steuerbasis ist bewusst sehr breit gewählt, um Steuerumgehung zu vermeiden.
Die Bemessungsgrundlage der Finanztransaktionssteuer ist der Bruttowert der Transaktion. Ist die Gegenleistung geringer als der Marktpreis oder fehlt es an einer Gegenleistung, so gilt als Bemessungsgrundlage ein zwischen unabhängigen Geschäftspartnern festgelegter Preis.
Als Steuerzahler sind die Finanzinstitute vorgesehen, unabhängig davon, ob sie auf eigene oder fremde Rechnung handeln. In Fällen, in denen die geschuldete Steuer nicht fristgerecht gezahlt wird, haften alle Vertragsparteien der Transaktion als Gesamtschuldner. Als Frist für die Entrichtung der Steuer gilt bei elektronisch durchgeführten Transaktionen der Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs, bei den übrigen ein Zeitraum von drei Arbeitstagen. Der Steueranspruch erlischt nicht durch eine anschließende Berichtigung oder Stornierung, sofern kein Fehler vorlag.
Die Europäische Kommission legt keinen konkreten Steuersatz fest, sondern schlägt lediglich Mindeststeuersätze vor, oberhalb derer die Mitgliedstaaten Gestaltungsspielraum haben. Diese Mindeststeuersätze betragen 0,01 % für Finanztransaktionen in Zusammenhang mit Derivaten und 0,1 % für sonstige Finanztransaktionen.
Anwendungsbereich des gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems
An der verstärkten Zusammenarbeit teilnehmende Mitgliedstaaten sind Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Portugal, Spanien, Frankreich, Österreich, Italien, Slowenien und die Slowakei. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten werden verpflichtet, spätestens am 30. September 2013 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie zu erlassen und diese Rechtsvorschriften ab dem 1. Januar 2014 anzuwenden.
Auch den Finanzinstituten in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten soll die Vereinheitlichung zugutekommen, da sie es nur noch mit einem Finanztransaktionssteuersystem zu tun haben statt mit vielen verschiedenen.
Geschätzte Auswirkungen auf den EU-Haushalt
Berücksichtigt man die Anpassungen des aktuellen Vorschlags gegenüber dem ursprünglichen (der alle EU-Staaten einschloss), so ergibt sich für den aktuellen Vorschlag eine Einnahmenschätzung von 31 Milliarden Euro.
Ob die Einführung einer koordinierten Finanztransaktionssteuer innerhalb der EU-11 wirklich zu einer einheitlicheren Besteuerung des Finanzsektors innerhalb der EU beiträgt, scheint fragwürdig: Zum einen wirken nicht alle Mitgliedstaaten mit, zum anderen umfasst der Vorschlag nur die Vereinheitlichung der Finanztransaktionssteuer; die ebenfalls in der EU verbreitete Bankenabgabe bleibt außen vor. Zudem lässt der Vorschlag unterschiedliche Steuersätze in den einzelnen Teilnehmerstaaten zu, und auch die Mehrwertsteuersätze, die nach der Einführung der gemeinsamen Finanztransaktionssteuer noch auf Finanzprodukte angewandt werden dürfen, unterscheiden sich in den EU-Mitgliedstaaten. So steht zu befürchten, dass die Besteuerung des Finanzsektors innerhalb der EU auch nach dem Inkrafttreten des Vorschlages weiterhin ein „Flickenteppich“ aus verschiedenen Systemen und Steuersätzen bleibt.
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